Unterseeboot [2]

[821] Unterseeboot. Die neueren Fortschritte im Unterseebootsbau erstrecken sich in der Hauptsache auf die Tauchboote.

In der Konstruktion des Schiffsrumpfes traten insofern wesentliche Verbesserungen ein, als eine Gliederung des Rumpfes in einen Druckkörper und in einen normalen Schiffskörper eingetreten ist. Der zur Aufnahme des äußeren Wasserdrucks als Druckkörper ausgebildete innere Teil des Schiffsrumpfes nimmt in seinem Innenraum nur die vitalen Teile des Unterseeboots auf, d.h. Antriebsmaschinen nebst Akkumulatoren, Torpedoarmierung, Reglertank und Mannschaftsräume, während um den Druckkörper herum in dem äußeren, nach Form der Torpedoboote gestalteten Teil die Tauchtanks und Brennstoffbehälter untergebracht sind. Fig. 24. Hierdurch können die Tauchtanks und Brennstoffbehälter größer werden – 30–35% des ausgetauchten [821] Deplacements. Da die Tauchtanks für die Unterwasserfahrt gefüllt gefahren werden durch Oeffnen der Bodenventile und Entlastungsventile, und bei den Brennstofftanks der flüssige Brennstoff – Petroleum oder Teeröl von einem spez. Gew. von 0,71 bis 0,9 – durch Einlassen von Seewasser von unten beim Verbrauch stets auf dem Wasser schwimmt, so ist ein Druckausgleich der Tankwände nicht notwendig, so daß sie nicht als Druckkörper ausgebildet zu werden brauchen, so daß bei dünnen Wänden an Gewicht gespart wird. Fig. 1 stellt das reine Unterseeboot (Sousmarin) dar, wie es in Amerika von Holland und in England und Frankreich ausgebildet ist. Hier liegen die Tauch- und Brennstofftanks im Innern des Druckkörpers und können daher nur 15% des aufgetauchten Deplacements erreichen. Fig. 2 stellt das Tauchboot nach Laubeuf, Fig. 3 das deutsche Germania-Tauchboot und Fig. 4 das italienische Laurenti-Fiatboot dar. Bei letzterem Boot ist die äußere Haut gleichfalls als Druckkörper ausgebildet und mit dem inneren Druckkörper durch zahlreiche Schotte und Rahmenspanten versteift. Oben tragen alle Unterseeboote einen Aufbau zur Erhöhung des Reservedeplacements für die Ueberwasserfahrt [8], [11]. Die Raumeinteilung der Unterseeboote ergibt sich aus Fig. 5Projekt eines Germania-Tauchbootes – wie folgt. Vorne befindet sich der Bugtorpedoraum mit meist zwei Bugrohren, daran schließt sich nach hinten der Mannschaftsraum mit den Akkumulatorenräumen darunter, dann kommt die Zentrale, über welcher sich der Kommandoturm erhebt. Dahinter liegen die Maschinenräume für Verbrennungsmotor und elektrische Motore und im Hinterschiff befindet sich der Hecktorpedoraum [1], [2], [5], [8], [11].

Die Maschinenanlage besteht meist aus Dieselmaschinen für die Ueberwasserfahrt und zum Laden der Akkumulatoren und aus Elektromotoren mit Stromspeisung durch die Akkumulatoren für die Unterwasserfahrt. Diese Kombination erfordert zwar hohe Gewichte durch die Anordnung von zwei getrennten Kraftanlagen und läßt dementsprechend nur eine mäßige Maschinenkraft und einen kleinen Aktionsradius für die Unterwasserfahrt zu, sie bietet aber wesentliche Vorteile für die Fahrt im untergetauchten Zustand, und zwar: geräuschloser Gang der Maschinen, geringe Wärmeentwicklung im Bootsinnern, unsichtbares Fahren wegen Fehlens der abströmenden Exhaustgase, gleichbleibendes Gewicht der Maschinenanlage, einfacher Antrieb der Hilfsmaschinen (elektrisch) und leichtes und sicheres Manövrieren der Maschinen und Steuern des Bootes. Diese sogenannten ölelektrischen Maschinen sind den sogenannten dampfelektrischen Maschinen wesentlich überlegen, da die Dampfmaschinen und Dampfkessel der letzteren große Wärmeausstrahlung besitzen, welche sich weder durch Isolation noch durch Kühlung der Bootsräume beherrschen läßt. Während beim Betrieb mit Dieselmaschinen diese durch ihren Luftverbrauch den Maschinenraum kühlen, müssen für die Dampfanlagen leistungsfähige Lüster vorgesehen werden, welche ebenso wie der Schornstein für die Unterwasserfahrt wasserdicht abgeschlossen werden müssen, wodurch die Vorbereitungszeit zum Tauchen verlängert wird. Die Kessel werden mittels Oelfeuerung geheizt. Trotz dieser enormen Schwierigkeiten des Betriebes sind die Franzosen teilweise wieder zum dampfelektrischen Betrieb übergegangen, da die Verbrennungsmotoren scheinbar nicht zuverlässig genug gearbeitet haben. Zum Ein- und Auskuppeln der Verbrennungsmaschinen und der Elektromotoren für die Ueber- bezw. Unterwasserfahrt verwendet man Reibungs- oder Magnetkupplungen, welche zugleich als Schwungräder dienen [1], [2], [6], [8], [10]–[12].

Der gemischte Maschinenantrieb stellt immerhin einen notwendigen Kompromiß dar. Das Streben zu einer leistungsfähigen Einheitsmaschine für Ueber- und Unterwasserfahrt bleibt daher ständig wach, doch ist eine solche noch nicht ausgeführt worden. Dagegen liegen interessante Projekte vor, welche der Lösung dieser Aufgabe näher kommen. Del Proposto hat ein Projekt ausgearbeitet, in welchem die Oelmaschinen sowohl aufgetaucht wie untergetaucht als Antriebsmaschinen verwendet werden. Bei aufgetauchter Fahrt erzeugen die Oelmaschinen mit angekuppelten Kompressoren Preßluft von 250 Atm. und führen sie in leichte, durch Stahldrahtumwickelung entlastete Nickelstahlflaschen. Bei untergetauchter Fahrt liefert dann diese Preßluft durch Expansion in den Kompressoren die Antriebskraft für die Schraubenwelle. Die entspannte Luft wird dann von den Oelmaschinen angesaugt und dient zur Verbrennung des Teeröls in den Zylindern, während die Auspuffgase in Wärmeaustauschgefäße geleitet und nach Abgabe der Wärme durch Pumpen nach außenbords gedrückt werden [5], [8], [11].

Raymond d'Equevilley-Monjustin hat die Honigmannsche Dampfmaschine mit Natronkessel für ein Projekt mit Einheitsmaschine verwendet. Ob dieses Projekt sich wird verwirklichen lassen, hängt davon ab, ob es gelingen wird, die Wärmeausstrahlung der Dampfanlage so weit einzuschränken, daß ein menschliches Arbeiten in den abgeschlossenen Räumen für die Unterwasserfahrt sich durchführen läßt [1]. Als Antrieb der Hilfsmaschinen käme für das Projekt Del-Proposto Preßluft, für das Projekt d'Equevilley Dampf in Frage, während für den ölelektrischen Antrieb sich elektrischer Antrieb eingebürgert hat. Die hauptsächlichsten Hilfsmaschinen sind Lenzpumpen und Ballastpumpen für den Reglertank sowie für die Tauchtanks (letztere können auch mit Preßluft geleert werden), ein Hochdruckkompressor zur Erzeugung für Preßluft von 150 Atm. zum Auffüllen der Torpedos sowie zum Lancieren derselben, ein Niederdruckkompressor zum Lüften der Bootsräume, elektrisch betriebene Ventilatoren, eine[822] elektrisch oder mit Preßluft betriebene Rudermaschine, ein elektrisch betriebenes Ankerspill, Elektromotore zum Ein- und Ausfahren der Sehrohre. Die Akkumulatoren liefern den Strom nicht allein für die Elektromotoren zum Schraubenantrieb und für die Hilfsmaschinen, sondern auch für die elektrische Beleuchtung, die elektrischen Signalapparate und Kommandoelemente, die elektrischen Kupplungen, sowie zum Antrieb des Kreiselkompasses. Derselbe ist auf allen Unterseebooten jetzt eingeführt und hat sich als ein vorzüglicher Richtungsweiser bewährt. Auch zum Kochen wird allein elektrischer Strom verwendet. Neben der Lüftung der Räume wird denselben zur Verbesserung der Atmungsluft Sauerstoff aus Stahlflaschen zugeführt. Zum Binden der ausgeatmeten Kohlensäure und der Feuchtigkeit wird Kaliumhydroxyd verwendet [1]–[3], [6]–[9].

Zur Sicherung der Unterseeboote gegen die Gefahr des Aufgrundgeratens infolge Eindringens von Wasser oder durch unvorsichtiges Steuern in die Tiefe führt jedes Boot am Kiel ein schweres Bleigewicht bis zu 12 t Gewicht, welches im Notfalle vom Boot gelöst werden kann. Auch ist beim Festkommen auf Grund eine Telephonboje vorgesehen, welche zum Aufschwimmen gebracht werden kann und eine Verständigung der Besatzung mit der Oberfläche ermöglicht. Auch erhalten die Boote an der Oberseite des Druckkörpers starke Augplatten, in welche schwere Giene eingehakt werden können zum Heben der gesunkenen Unterseeboote mittels besonderer Hebeschiffe (s. Bergungsdampfer, S. 68) [7]–[9].

Von besonderer Bedeutung ist für die Unterseeboote die richtige Bemessung der Stabilität, und zwar spielt hier die Längenstabilität eine ebenso wichtige Rolle wie die Querstabilität. Für die Querstabilität ist zu berücksichtigen, daß der Systemschwerpunkt stets unter dem Deplacementsschwerpunkt zu liegen kommt, und zwar 150–400 mm für die Unterwasserfahrt. Für die Ueberwasserfahrt könnte der Systemschwerpunkt zwar über dem Deplacementsschwerpunkt liegen, da alsdann eine genügende Formstabilität durch das Trägheitsmoment der Schwimmebene sichergestellt ist. Da nun beim Tauchen diese verschwindet, weil die Schwimmebene gleich 0 wird, außerdem der Deplacementsschwerpunkt etwas nach oben rückt, so muß beim Tauchen ein Moment eintreten, wo die Stabilität gleich 0 wird. Dies wäre ein kritischer Moment, bei welchem das Boot kentern könnte. Infolgedessen ist es notwendig, den Systemschwerpunkt auch für die ausgetauchte Fahrt unter den Deplacementsschwerpunkt zu verlegen, was durch die tiefe Stauung der Akkumulatoren und der Bleigewichte erreichbar ist. Eine reichliche Längsstabilität ist erforderlich, um durch Gewichtsverschiebungen längsschiffs die Aenderung der Trimmlage einzuschränken. Schon geringe Leckwassermengen können dem Boot eine starke Längsneigung geben, wodurch die Säure aus den Batterien der Akkumulatoren fließt, diese schnell entlädt und zu Kurzschluß oder zur Entwicklung von Säuredämpfen führt. Trimmänderungen müssen daher mit Ausnahme der künstlichen Längsneigung mittels des Tiefensteuers vermieden werden. Man muß die Tauchtanks und Brennstofftanks so anordnen, daß eine Verschiebung des Systemschwerpunkts beim Füllen oder Entleeren dieser Tanks kaum eintritt.[823] Auch müssen beim Abfeuern der Torpedos die Gewichte der Torpedos durch Einlassen von Wasser in entsprechende Tanks ausgeglichen werden. Das Trimmmoment des Schraubenschubes sucht man dadurch auszuschalten, daß die Schraubenwellenachse in ihrer Verlängerung durch den Systemschwerpunkt geht.

Zum Gegentrimmen dienen schließlich Trimmtanks im Bug und Heck, welche durch eine Rohrleitung verbunden sind und halbvoll gefahren werden, so daß man meist mittels Preßluft das Wasser von einem Tank in den andern drücken kann [3], [4], [8], [11].

Das Sehvermögen beim Unterwasserfahren hat sich durch die Verbesserung der Sehrohre in den letzten Jahren wesentlich vervollkommnet. Dieselben erstrecken sich auf Erweiterung des Sehkreises, Steigerung der Helligkeit der Bilder und Verschärfung derselben durch Vergrößerung u.s.w. Dazu kommen Vorrichtungen zum Trockenhalten der Reflektoren, der Objektive und Linsen durch angewärmte Luft, zum Ein- und Ausziehen sowie zum Drehen der Sehrohre, zum Anzeigen der Blickrichtung u.s.w. Das Panorama-Sehrohr gestattet das Absuchen des Horizontes, ohne daß man den Platz vor dem Objektiv wechselt. Das amerikanische Omniskop beruht auf einer Vereinigung einer größeren Zahl von Sehrohren mit bestimmten radialen Blickrichtungen nach allen Seiten, es erfordert jedoch viel Platz und ein weites Rohr.

Das Ringbildsehrohr mit einer Ringbildlinse gibt den ganzen Horizont als Ringbild wieder und wird meist mit einem gewöhnlichen Sehrohr vereinigt, welches einen Teil des Horizonts in größerem Maßstab sichtbar macht. Auch hat man in das Sehrohr einen Kompaß eingebaut, so daß man mit dem Bild zugleich den Kompaßkurs ablesen kann.


Literatur: [1] Bourgoyne, Submarine navigation past and present, London 1903. – [2] C. Field, The story of the submarine from the earliest days to the present day, London 1909. – [3] R. Dietze, Ueber Unterseeboote, »Schiffbau« 1909/10. – [4] Die Stabilität der Unterseeboote, Mitteil. aus dem Gebiete des Seewesens 1906. – [5] Del Proposto, Bateaux sousmarins à grande vitesse sous l'eau, Brüssel 1910. – [6] Nauticus, Zur Entwicklung des Unterseebootswesens, Berlin 1910 u. 1913. – [7] Ch. Radiguer, La navigation sousmarine, Paris 1911. – [8] H. Vogel, Das moderne Unterseeboot, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing., Berlin 1911, S. 241. – [9] Werner, Unterseeboote, ebend. 1911, S. 1216. – [10] F.R.S. Bircham, Internal combustion engines for submarines, Engineering 1909, I, S. 485. – [11] Berling, Die Entwicklung der Unterseeboote und ihrer Hauptmaschinenanlagen, Jahrb. der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Berlin 1913. – [12] Regenbogen, Der Dieselmotorenbau auf der Germania-Werft, ebend., Berlin 1913. – [13] Weidert, Entwicklung und Konstruktion der Unterseeboots-Sehrohre, ebend., Berlin 1914.

T. Schwarz.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 821-824.
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821 | 822 | 823 | 824
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